Anforderungen an die bayerische Politik zum Trinkwasserschutz

Umwelt


Die Referenten des Abends in Rottenburg

Wie die Energiewende mit Trinkwasserschutz zu vereinbaren ist

Zu einem Informationsabend unter dem Motto „Energiewende und Trinkwasserschutz“ hatte die SPD Rottenburg in Zusammenarbeit mit dem SPD-AK Labertal eingeladen. Wichtige Impulse gaben Rottenburgs Bürgermeister Alfred Holzner, der Wasserzweckverbandsvorsitzende Hans Weinzierl und Renate Schwäricke vom Bund Naturschutz dem Landtagsabgeordneten Ludwig Wörner mit nach München.

In vielen Medien wird derzeit negativ über den rasant zunehmenden Maisanbau (Vermaisung), den ungezügelte Bau großer Biogasanlagen und die damit einhergehende Steigerung der Nitratbelastung im Grundwasser berichtet, führte die SPD-Kreisvorsitzende Ruth Müller in das Thema des Abends ein. Die demnächst anstehende Änderung der bayerischen Wasserrahmenrichtlinie sollte genutzt werden, um wichtige Anforderungen an Landwirtschaft und Gewässerschutz einzubringen, um das wichtigste Lebensmittel, Wasser, zu schützen, so Ruth Müller.

Wärmeverbrauch wurde halbiert

Rottenburgs Bürgermeister Alfred Holzner stellte den Zuhörern in einem kurzen Abriss die Aktivitäten der Gemeinde im Hinblick auf die Energiewende vor. Die Stadt Rottenburg werde Positivstandorte im Flächennutzungsplan für Windenergie-Nutzung ausweisen, um selber Herr des Verfahrens zu bleiben. Erst kürzlich habe man in Niedereulenbach auf einem Deponie-Gelände eine Freiflächen-Photovoltaik-Anlage mit 1,2 MW Installationsleistung in Betrieb nehmen können. Gleichzeitig gebe es schon seit einigen Jahren auf den öffentlichen Gebäuden Bürger-Solaranlagen. Bei der Energiewende müsse aber nicht nur die regenerative Erzeugung der Energie im Mittelpunkt der Überlegungen stehen, sondern auch die Energie-Einsparung. Positiv bewertete Holzner daher auch das Konjunkturpaket der großen Koalition aus dem Jahr 2009, in dessen Zug die energetische Sanierung des Rathauses vorgenommen wurde. „Hier konnten wir den Wärmeverbrauch um fast 50% reduzieren“, so Holzner. Die Energiewende können die Kommunen nicht im Alleingang stemmen – sowohl finanziell als auch personell müsste Bayern hier Mittel zur Verfügung stellen, richtete Holzner an die Adresse des Landtagsabgeordneten.

Bayerische Umsetzungsdefizite beim Wassergesetz

Renate Schwäricke, die für den Bund Naturschutz Sprecherin des Landesarbeitskreises „Wasser“ ist, lobte die vielfältigen Aktivitäten der Rottenburger Kommune. Bei der Energiewende wie beim Trinkwasserschutz sei es wichtig, frühzeitig zu handeln. „Sünden, die wir heute beim Wasser begehen, kommen erst spät an“, machte Schwäricke das lange Gedächtnis des Wassers deutlich. Gegen den Widerstand der Opposition wurde im April 2010 das bayerische Wassergesetz im Vergleich zu anderen Bundesländern mit großen Defiziten verabschiedet, das noch bis Dezember 2012 gilt. Für die Neufassung des Wassergesetzes hatte die Referentin einige deutliche Forderungen parat: Die Trinkwasseruntersuchung müsse wieder auf unabhängige staatliche Stellen übertragen werden, die regionale Trinkwasserversorgung muss Vorrang haben und die „Soll-Bestimmung“ bei der Vermeidung des Grünlandumbruchs in Wasserschutzgebieten muss zu einer „Muss-Vorschrift“ werden. Wichtig wäre außerdem, die Gewässerschutzstreifen von derzeit fünf Metern auf zehn Meter auszuweiten. Parteien und Umweltverbände müssen jetzt in den Beratungen ihre Forderungen einbringen, damit sie nicht wieder übergangen werden. „Vorsorge muss oberste Priorität haben“, stellte Schwäricke fest.

Forderung nach flächendeckendem Grundwasserschutz

Der Vorsitzende des Wasserzweckverbands „Rottenburger Gruppe“, Hans Weinzierl betonte die Bedeutung des Grund- und Trinkwassers für unsere Gesellschaft. Es werde als selbstverständlich angesehen, dass jederzeit sauberes und frisches Wasser vorhanden ist. Als Wasserzweckverband habe man jedoch keine Weisungsbefugnis und könne beispielsweise keine Schutzgebiete ausweisen. Man müsse versuchen, mit den vorhandenen Gegebenheiten klar zu kommen. Steigenden Nitratwerten könne man durch den Neubau von Brunnen entgegenwirken, doch damit laufe man nur vor dem Problem davon, es sei keine Lösung auf Dauer, so Weinzierl. Durch die Massentierhaltung steigt die Gülleausbringung und somit die Nitratwerte, machte Weinzierl auf die Zusammenhänge aufmerksam. In Hohenthann diskutiere man derzeit über eine Wasseraufbereitungsanlage, die Investitionskosten von rund 5 – 7 Millionen Euro verursachen wird. „Wir sind dabei, unser Grundwasser zu versauen“, so Weinzierl und deshalb müsse Grundwasserschutz flächendeckend vorgenommen werden.

Für den energie- und umweltpolitischen Sprecher der SPD, MdL Ludwig Wörner, der selbst viele Jahre bei den Stadtwerken München gearbeitet hat, waren diese Aussagen der Vorredner „Wasser auf seinen Mühlen“. Seit 13 Jahren beschäftigt er sich mit Wasserpolitik, musste aber beispielsweise bei der Umsetzung der EU-Wasserrahmen-Richtlinie in Bayern erleben, dass hier nur reduzierte Umweltziele das Maß seien. Er plädierte für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft, die nur das erzeugt, was verbraucht wird. Ein Wildwuchs der Biogasanlagen wäre so nicht möglich, wenn auf eine Kleinteiligkeit der Energie-Erzeugung gesetzt werde. Der richtige Weg wäre, zuerst den Energiebedarf einer Kommune oder Region zu ermitteln und dann in einem abgestimmten Energiemix die Energiemenge zu erzeugen, die vor Ort verbraucht wird. Mit Bürgeranlagen bleibe die Energieerzeugung und Wertschöpfung in Bürgerhand und breche das Monopol der großen Energieversorgungsunternehmen.

Die SPD im Landtag habe bei der TU München eine Untersuchung in Auftrag gegeben, die zu dem Schluss gekommen sei, dass im Gegensatz zu der von der DENA (Deutsche Energieagentur) vorgelegten Zahl von 6.000 km neuen Leitungen auch 1.000 km ausreichen würden. Man könne die alten Trassen aufrüsten, Bahntrassen nutzen und durch die Energiegewinnung vor Ort müsse nicht nur die Nordsee als Energielieferant gelten.

In der Opposition sei es allerdings nicht leicht, eigene Forderungen umzusetzen, machte Wörner den Besuchern des Abends klar – bis 2013 befinde man sich noch in dieser Situation. Er werde aber die Forderungen des Abends in die Beratungen zur Novellierung des Wasserrahmengesetzes einbringen, weiterhin für sauberes und bezahlbares Trinkwasser eintreten und der Energiewende zum Erfolg verhelfen, zeigte sich der Referent am Ende des Abends zuversichtlich.

In der abschließenden Diskussion machte Franz Gumplinger, stellvertretender Ortsvorsitzender der SPD Rottenburg, „hauptsächlich das Verlangen von uns Verbrauchern nach billigen Lebensmitteln und ungenügende gesetzliche Rahmenbedingungen bei der Energiewende“ für die rasch zunehmenden Trinkwasserprobleme verantwortlich.

Foto:
Manfred Kraheberger (Wasserzweckverband), Hans Weinzierl (Wasserzweckverband), Bgm. Alfred Holzner, Renate Schwäricke (BN); MdL Ludwig Wörner; Franz Gumplinger, Ruth Müller, Rainer Pasta (Sprecher SPD AK Labertal)

 

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